Digitale Resilienz in meinem Leben

Problem


Durch die kommunikative Dauervernetzung lastet heute ein großer Druck auf dem Nutzer. Es ist schwer abzuschalten und häufig treten bei der Abwesenheit von Technik Angstzustände oder gar Panik auf – die sogenannte FOMO (=Fear Of Missing Out, also die Angst, ausgeschlossen zu sein oder etwas zu verpassen). Häufig sehen wir dieses Bild von Menschen, die nicht mehr miteinander sondern nur noch mit ihrem digitalen Endgerät kommunizieren. Dabei sind uns die anderen nicht egal, aber online könnten wir etwas verpassen. Könnten abgehängt werden. Wüssten als einzige nicht mehr Bescheid. Also schnell mal nachschauen, was gerade in unserer Community so los ist!

Digital Detox

Als Reaktion auf solche Ängste wird meist ein bewusster digital Detox (=digitale Entgiftung) empfohlen. Das beginnt meist mit einem bewussten Weglegen aller technischen Geräte zu bestimmten einer Mahlzeit und endet mit ganzen Tagen ohne technische Endgeräte. Bei solchen Maßnahmen geht es zum einen darum, ein Leben ohne digitales Endgerät zu entwickeln. Da werden Rituale aufgebaut, die bewusst den FOMO-Druck abbauen. Zwischenmenschliche Kommunikation wird bewusst gefördert und so lernen Betroffene eine Alternative in der realen Welt kennen.
Wichtig ist es aber auch, an der eigenen Einstellung zu arbeiten. Virtuelle Freundschaften waren im Lockdown eine gute Alternative. Aber schon beim Profil werden in der virtuellen Welt Fehler einfach weggelassen oder per Photoshop herausgestrichen. Reale Freundschaften mit Kontakt zu echten Menschen mit allen ihren Macken und Kanten haben eine andere Dimension.

Werkzeug oder Waffe?

In meinem Leben bedeutet digitale Resilienz, das digitale Endgerät auch mal zur Seite zu legen und reale Freundschaften und Kontakte zu pflegen. Aber auch die Einübung der sinnvollen Nutzung des digitalen Endgeräts als Werkzeug ist von entscheidender Bedeutung. Damit wird dem Gerät wieder der Status zugewiesen, der ihm gebührt.
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Digitale Endgeräte sind Werkzeuge. Aber genauso wie ein Messer zum Schneiden eines Brotes oder als Waffe genutzt werden kann, muss man sich auch der Vorzüge und Gefahren digitaler Geräte bewusst machen. Es gilt, eine Entscheidung zu treffen. Mit einem Smartphone kann ich unabhängig sein von der örtlichen Beschränkung meines Arbeitsplatzes. Ich kann mich aber auch gefangen nehmen lassen vom Arbeitgeber, der eine ständige Erreichbarkeit von mir fordert. Das kann freie Zeiteinteilung bedeuten, oder in ein modernes Sklaventum ausarten. Für dieses Problem gibt es verschiedene Lösungen. Ein dienstliches Smartphone kann ich nach Ende meiner Arbeitszeit ausschalten. Besitze ich ein Smartphone, in dem ich eine private und eine dienstliche SIM-Karte verwende, kann ich letztere nach Arbeitsschluss deaktivieren und bei Arbeitsbeginn am nächsten Tag dann wieder aktivieren.

Die FOMO lebt davon, dass ich mich pseudogesellschaftlichen Zwängen beuge. Ich selber erwarte eigentlich höchstens von meinem Partner, dass er rund um die Uhr für mich zur Verfügung steht. Wenn jemand meine Nachricht also erst nach seiner Arbeitszeit, seiner Mahlzeit oder seiner Freizeitaktivität sieht und beantwortet, dann ist das OK. Die meisten Kommunikationswege des Smartphones sind asynchron, das heißt, nicht alle Kommunikationspartner müssen gleichzeitig online sein. Die Reaktion kommt, wenn es zeitlich passt. Sollte es mal wirklich dringend sein, dann ist der Wechsel auf eine synchrone Kommunikationsform wie ein Gespräch oder ein Telefonat angebracht. Lassen wir uns nicht unnötig unter Druck setzen!

Und dann ist da noch der Drang, immer up to date zu sein. Neill Postman hat es schon 1992 mit seinem Artikel “Wir informieren uns zu Tode” auf den Punkt gebracht. “Die Informationsschwemme für zu einem wachsenden Gefühl von Ohnmacht,” schrieb er (Z. 27). Wir suchen nach immer aktuelleren und sensationelleren Nachrichten. Neben der Überforderung ist dabei die Gefahr groß, auf Fake-News hereinzufallen. Ein einfacher Fake-News-Check kann uns hier weiterhelfen. Auch das Zurückschrauben der eigenen Ansprüche im Sinne einer Vereinfachung des Lebens kann hier hilfreich sein. Ich muss nicht im Minutentakt neue Nachrichten erhalten. Ein-, zwei- oder dreimal am Tag genügt völlig. Sollte etwas wirklich dramatisches passiert sein, werde ich es über meine Umwelt ohnehin mitbekommen.

Fazit

Wir sollten unsere digitalen Endgeräte als das nutzen, was sie sind, Geräte. Sie sollten uns dienen, nicht wir ihnen.

Literatur

Postman, N. (1992). Wir informieren uns zu Tode. URL: https://www2.klett.de/sixcms/media.php/229/AB_15_01.pdf (letzter Abruf: 07.11.2022)

Rössner, S. (2019). Dual Sim: Auszeit für Workaholics mit zweiter Sim-Karte. URL: https://webcare.plus/dual-sim/ (letzter Abruf: 07.11.2022)

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