Systemische Konfliktbewältigung und Resilienz

Anja Mumm geht in ihrem Artikel “Systemische Konfliktbewältigung” von einem konstruktivistischen Menschenbild aus. Jeder Mensch konstruiert sich seine Wirklichkeit. Wir alle kennen das, was von dem einen als einfache Mitteilung gedacht war, empfindet der andere als Angriff. Die entsprechende Reaktion wird vom ersten wiederum als völlig überzogen und unbegründet empfunden. Als extremes Beispiel für ein solches Hochschaukeln von Aktion und Reaktion führt Mumm den Film “Rosenkrieg” an, in dem ein Scheidungskonflikt eskaliert. Jeder Konfliktpartner sieht das Gegenüber dann nicht mehr neutral sondern immer durch seine “der-Böse-Brille”. 

Systemische Interventionen zur Konfliktlösung

Als erstes empfiehlt Mumm dem Mediator für die Konfliktlösung, den Menschen konstruktivistisch zu  verstehen. Prägung und Vorgeschichte bilden den Menschen zu dem, der er dann ist. Wichtig ist dabei, die Würde des Menschen zu achten.

Handlungen ergeben aus dem Kontext von Prägung und Vorgeschichte verstanden Sinn. Wenn man sich die Mühe macht, diesen Sinn zu erfragen, gelingt es meist schon, eine Lösung zu finden. In der Arbeit mit Konfliktparteien ist es wichtig, beide Parteien zu achten.

 Die Arbeit sollte stets ressourcen- und lösungsorientiert sein. Es ist wichtig, dass der Mediator sich neutral verhält. Es gibt vielfältige systemische Interventionsmöglichkeiten, von denen hier einige genannt werden.

Schon das Benennen der Wirklichkeitskonstruktionen der Konfliktparteien kann zum gegenseitigen Verständnis beitragen. (z.B. Prägung: “Sie haben das also als aggressiv verstanden, weil sie schon bei ihren Eltern immer beobachtet haben, dass…”) Dann kommt häufig von der anderen Seite ein “aber das habe ich doch gar nicht so gemeint”. Und plötzlich ist ein Gespräch miteinander wieder möglich.)

Auch Reframen, also das Geschehen aus einem anderen Blickwinkel sehen, kann ein wertvolles Hilfsmittel sein. (z.B.: “Dann hat mir der Vater eines Schulkameraden mit einem Messer den Bauch aufgeschnitten,” wird sofort anders verstanden, wenn man weiß, dass besagter Vater Chirurg war und der Erzähler eine Blinddarmentzündung hatte).

Ein weiterer Tipp, den Mumm gibt ist zirkuläres Fragen. Das kann sein, eine geschilderte Situation einmal aus der Perspektive eines Beobachters schildern zu lassen. Oder zu hinterfragen, “was tun sie, dass andere so auf sie reagieren?” Auch die Frage nach relevanten Personen und Fakten kann entscheidend sein.

Und dann ist da noch die Wunderfrage. “Nehmen wir einmal an, Sie gehen heute Abend schlafen. Über Nacht passiert ein Wunder, sodass das Problem morgen gelöst ist. Woran werden Sie nach dem Aufwachen erkennen, dass das Problem nicht mehr besteht? Woran werden andere, denen Sie von dem Problem erzählt haben erkennen, dass das Wunder eingetreten ist? Woran wird ihr Konfliktpartner erkennen, dass das Wunder geschehen ist? Was machen Sie an dem Tag nach dem Wunder anders als vorher?” (Mumm, S. 320)

Alles in allem einige sehr wirksame Tipps, mit denen Konflikte in 95% der Fälle entschärft werden können.

Literatur

Mumm, Anja (2019). Systemische Konfliktbewältigung. In: Jutta Heller (Hrsg.) Resilienz für die VUCA-Welt. Wiesbaden: Springer.

 

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